Liebe Trauergemeinde,
wir haben uns heute versammelt, um Abschied zu nehmen von Brödel Faserer.
Ein Mann, dessen Präsenz leise war, aber dessen Wirkung auf uns alle tief und unvergesslich bleibt.
In Momenten wie diesen scheint die Zeit stillzustehen, als wolle sie uns Raum geben, uns zu erinnern, zu reflektieren und vielleicht ein Stück von dem zu verstehen, was das Leben dieses besonderen Menschen ausgemacht hat.
Geboren am 1. März 1961 in Frankfurt am Main, war Brödel das einzige Kind von Henrike und Egon Faserer.
Seine Mutter, Henrike, eine engagierte Vogelforscherin, lehrte ihn schon früh, die Schönheit in den kleinsten Details zu sehen.
Die Art und Weise, wie ein Vogel seine Flügel spannt, der Gesang am Morgen, wenn die Welt noch schläft – all das waren für ihn keine Selbstverständlichkeiten, sondern Wunder des Alltags.
Sein Vater Egon, Kapitän eines Handelsschiffes, erzählte ihm von fernen Ländern, von der Weite des Meeres und den endlosen Horizonten.
Diese Geschichten weckten in ihm die Sehnsucht nach dem Unbekannten, nach dem Abenteuer, aber auch das Verständnis für die Tiefe und Unberechenbarkeit des Lebens.
Als junger Mann begann Brödel als Kellner zu arbeiten. Er verstand es, den Menschen zuzuhören, in ihren Gesichtern zu lesen und in ihren Worten mehr zu hören als nur den Klang.
Er sagte einmal: „In den Gesprächen der anderen findet man manchmal mehr über sich selbst heraus als in stundenlanger Selbstbetrachtung.“ Diese Fähigkeit, zuzuhören und zu reflektieren, machte ihn zu einem geschätzten Gesprächspartner, jemandem, dem man seine Gedanken anvertrauen konnte, weil man wusste, dass sie bei ihm gut aufgehoben waren.
Doch das Rufen des Meeres, das ihm sein Vater in zahllosen Geschichten nahegebracht hatte, ließ ihn nicht los. Er heuerte als Matrose an und verbrachte einige Jahre auf See. Die unendliche Weite des Ozeans, das Spiel von Licht und Schatten auf den Wellen, die Stille der Nächte unter dem Sternenhimmel – all das prägte ihn tief.
In diesen Jahren lernte er, was es heißt, mit sich selbst allein zu sein und dennoch Teil von etwas Größerem zu werden. Die See lehrte ihn Geduld, Demut und die Akzeptanz dessen, was man nicht ändern kann.
Als er zurückkehrte, fand er seine Bestimmung in der Arbeit mit Metall. Als Metallarbeiter formte er mit seinen Händen das Rohmaterial zu etwas Nützlichem, etwas Beständigem. Er verstand die Sprache der Metalle, das Flüstern des Stahls unter der Hitze, das Nachgeben des Eisens unter dem Hammer.
Es war, als würde er in jedem Stück die Geschichten der Elemente erzählen, ihre Herkunft, ihre Bestimmung. In dieser Zeit traf er Sieglinde, die Frau, die sein Leben für immer verändern sollte. Gemeinsam bauten sie ein Zuhause auf, geprägt von Liebe, Verständnis und stillem Einvernehmen.
Sieglinde verstand ihn, oft ohne Worte, und gemeinsam schufen sie einen Ort des Friedens und der Geborgenheit.
Ihre Kinder, Herbert und Anna, waren das lebendige Zeugnis ihrer Liebe.
In ihnen sah er die Zukunft, die Kontinuität des Lebens, das Fortbestehen dessen, was wirklich zählt.
Brödel war niemals laut, niemals aufdringlich.
Seine Ruhe war ansteckend, seine Präsenz beruhigend.
Er hatte die seltene Gabe, inmitten des größten Trubels eine Oase der Stille zu schaffen.
Einmal sagte er zu mir: „Weißt du, wenn du weitergehst, ohne das Richtige zu fühlen, läufst du in eine Sackgasse.“ Dieser Satz blieb mir im Gedächtnis hängen.
Er erinnert daran, wie wichtig es ist, innezuhalten, zu spüren und nicht einfach durch das Leben zu hasten, getrieben von äußeren Zwängen und Erwartungen.
Seine Lebensphilosophie war einfach und zugleich tiefgründig: Niemals unfreundlich sein, immer ruhig bleiben.
Er war ein guter Zuhörer, sehr reflektiert, jemand, der die Dinge erst betrachtete, bevor er urteilte.
Diese Haltung prägte seinen Umgang mit Menschen, mit Herausforderungen, mit dem Leben selbst.
Es war nicht die Passivität der Resignation, sondern die aktive Entscheidung, dem Lärm und der Hektik nicht zu erliegen.
Er wählte den Weg der stillen Weisheit, der Beobachtung und des Verständnisses.
Früher, so sagten viele, sah er aus wie ein junger Al Pacino. Doch es war nicht nur das Äußere, das diesen Vergleich hervorrief. Es war auch die Intensität seines Blickes, die Tiefe seiner Gedanken, die man in seinen Augen lesen konnte.
Es war, als trüge er eine ganze Welt in sich, eine Welt voller Geschichten, Erinnerungen und Gefühle, die er selten in Worte fasste, aber immer in seinen Handlungen zeigte.
In den stillen Momenten, wenn der Tag sich neigte und die Dämmerung hereinbrach, saß er oft alleine im Garten, blickte in den Himmel und schien in Gedanken versunken.
Vielleicht dachte er an die Weiten des Meeres, an die Vögel, die seine Mutter so liebte, oder an die unzähligen Begegnungen, die sein Leben bereicherten.
Vielleicht reflektierte er über das Vergangene, das Gegenwärtige und das Kommende, suchte nach Bedeutungen oder genoss einfach nur die Stille.
Sein Vermächtnis ist nicht in großen Taten zu messen, nicht in monumentalen Errungenschaften, die in Geschichtsbüchern festgehalten werden.
Sein Vermächtnis liegt in den kleinen Dingen, in den Momenten der Güte, der Verständnisvollen Worte, dem ehrlichen Lächeln.
Es liegt in den Erinnerungen, die wir an ihn tragen, in den Geschichten, die wir über ihn erzählen werden, und in den Wegen, wie er unsere Leben berührt und bereichert hat.
Für seine Kinder Herbert und Anna war er mehr als nur ein Vater.
Er war ein Vorbild, ein Lehrer, ein Freund.
Er zeigte ihnen, dass Stärke nicht im Lautsein liegt, sondern in der Fähigkeit, zuzuhören und zu verstehen.
Er lehrte sie, dass das Leben nicht immer leicht ist, aber dass es immer einen Grund gibt, weiterzugehen, innezuhalten und das Richtige zu fühlen.
Seine Frau Sieglinde verliert einen Partner, mit dem sie durch alle Höhen und Tiefen gegangen ist.
Ihre gemeinsame Reise war geprägt von Vertrauen, Respekt und tiefer Zuneigung.
Die Lücke, die er hinterlässt, ist nicht zu füllen, aber die Erinnerungen an die gemeinsam verbrachte Zeit werden stets ein Trost und eine Quelle der Stärke sein.
Liebe Freunde, wir stehen hier nicht nur, um zu trauern, sondern auch, um zu feiern.
Zu feiern, dass wir das Privileg hatten, Teil von Brödels Leben zu sein.
Dass wir von ihm lernen durften, dass er uns gezeigt hat, wie man mit Ruhe und Freundlichkeit durchs Leben geht.
Dass er uns daran erinnert hat, wie wertvoll es ist, zuzuhören, zu reflektieren und das Richtige zu fühlen.
In einer Welt, die oft von Hektik und Oberflächlichkeit geprägt ist, war Brödel ein Anker, ein Ort der Besinnung.
Seine Abwesenheit wird spürbar sein, doch sein Geist lebt in uns weiter.
Jedes Mal, wenn wir innehalten, wenn wir uns entscheiden, freundlich zu sein, wenn wir uns die Zeit nehmen, wirklich zuzuhören, ehren wir sein Andenken.
Lasst uns also nicht nur in Trauer zurückblicken, sondern auch mit Dankbarkeit und Liebe. Lasst uns die Werte, die er verkörperte, in unserem eigenen Leben weitertragen.
Und wenn wir einmal nicht sicher sind, welchen Weg wir gehen sollen, erinnern wir uns an seine Worte: „Weißt du, wenn du weitergehst, ohne das Richtige zu fühlen, läufst du in eine Sackgasse.“
Möge Brödel in Frieden ruhen, und möge sein Geist uns alle leiten.
Danke.